Wandbilder für die Schulpraxis - Eine historisch-kritische Analyse der Wandbildproduktion des Verlags Schulmann 1925–1987

von: Eva Zimmer

Verlag Julius Klinkhardt, 2017

ISBN: 9783781556003 , 312 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 29,90 EUR

Mehr zum Inhalt

Wandbilder für die Schulpraxis - Eine historisch-kritische Analyse der Wandbildproduktion des Verlags Schulmann 1925–1987


 

2 Intention und Konzept der Verlagsarbeit (S. 25-26)

2.1 Das Prinzip „praktischer Schulmann“

Das 1925 in Donauwörth gegründete Lehrmittelunternehmen schreibt sich in den Titel, ein „praktisches Hilfswerk für die moderne Schule“ zu sein. Es steht damit in der Tradition eines im beginnenden 19. Jahrhundert entstehenden „pädagogischen Establishments“43, zu dessen Vertretern sowohl aktive Lehrer im Schuldienst als auch Theoretiker und Historiker der Pädagogik, Schulverwaltungs- und Schulaufsichtsbeamte sowie Sozialpolitiker zählen. Diese werden unter dem Begriff der „Schulmänner“ subsumiert – gemeint sind neben den direkt in der Ausbildung beschäftigten Praktikern somit also auch Berufsgruppen, deren Betätigungsfeld im Bereich der Organisation und Reflexion, dem Management, der Analyse und Beobachtung des Bildungssystems verortet ist.44 Auf diesen Personenkreis von Mitwirkenden und Adressaten verweist das hier im Folgenden vorzustellende Lehrmittelunternehmen mit seinem Namen: der praktische Schulmann. Aber wer ist dieser „Schulmann“, was zeichnet einen solchen aus?

In der Literatur des 19. Jahrhunderts taucht der Begriff „Schulmann“ in seiner allgemeinen Bedeutung zunächst als Synonym für den Lehrer auf. Meist wird er dabei in der Kombination mit dem Namen einer bestimmten Lehrperson oder einer spezifischen Personengruppe genannt, während der Begriff „Lehrer“ häufiger für die Bezeichnung der Berufsgruppe verwendet wird. Im bildungshistorischen Diskurs werden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als „Schulmänner“ Angehörige des oben angesprochenen „pädagogischen Establishments“ bezeichnet. Ihnen gemein sind hinsichtlich ihrer Qualifikation eine nicht exakt definierte pädagogisch-praktische Erfahrung sowie die daraus resultierende Expertise, welche die Schulmänner in den Dienst einer Verbesserung des Unterrichtswesens stellen. Ihr Anspruch und Ziel ist es, in der Reflexion der eigenen Tätigkeit Handlungsanweisungen sowie methodische Konzepte für die Bildungsarbeit zu generieren. Insbesondere ist ihnen dabei eine rege publizistische Tätigkeit zuzusprechen; durch gegenseitige Lektüre und vielseitige Korrespondenzen sind die Schulmänner gut miteinander vernetzt.

Einzuordnen ist in diesen Kontext auch eine 1852 gegründete Zeitschrift, die von Friedrich Körner in Leipzig herausgegeben wird und den Titel „der praktische Schulmann“ trägt. Schon der Untertitel „Archiv für Materialien zum Unterricht in der Real-, Bürger- und Volksschule“ gibt einen Hinweis auf die Intention der Schulzeitschrift: Sie soll der wissenschaftlichen Fortbildung des Lehrers und dessen praktischer Ausbildung dienen. Dabei wird die Vermittlung zwischen Wissenschaft und Schule im Spannungsgeflecht von Theorie und Wiederholt findet sich in der im Abonnement zu beziehenden Zeitschrift die Aufforderung an Lehrer, sich an der inhaltlichen Ausgestaltung sowie redaktionellen Arbeit zu beteiligen. „Der praktische Schulmann“ beabsichtigt mit diesem interaktiven Konzept also Sprachrohr und Hilfsmittel für jeden Schulmann zu sein.

Neben dem Namen lassen sich auch in den konzeptionellen Intentionen von Körners Zeitschrift Parallelen zum 1925 entstehenden Lehrmittelunternehmen ziehen, die in den folgenden Kapiteln verdeutlicht werden. Mit dem gleichermaßen zitierten Titel „der praktische Schulmann“ verweist das Unternehmen deutlich auf Ziele und Intentionen der 1852 gegründeten Zeitschrift und deren Prinzipien. Aber auch auf die zum Zeitpunkt der Gründung des Schulwandbild-Unternehmens bereits von der Reformpädagogik abgelösten Schulmännerpädagogik des 19. Jahrhunderts nimmt es mit dieser Namens-Entscheidung Bezug.

2.2 Ziele und Aufgaben des Lehrmittelunternehmens

Seit seinen Anfängen macht es sich das Lehrmittelunternehmen der praktische Schulmann zur Aufgabe, qualitativ hochwertiges Anschauungsmaterial zu produzieren, das inhaltlich ein breites Themenspektrum abdeckt und damit für einen Großteil der Schulen und Lehrkräfte im deutschsprachigen Raum attraktiv ist. Dabei wird besonders darauf geachtet, zu einem verhältnismäßig günstigen Preis zu verkaufen, um den Bezug des Lehrmittelwerks vielen Schulen zu ermöglichen, aber auch, um auf dem Lehrmittelmarkt konkurrenzfähig zu sein. Den Ausgangspunkt für dieses zunächst noch etwas unstrukturierte Projekt begründet der Verlag mit einer Analyse des Lehrmittelmarktes in den 1920er Jahren: Infolge des verlorenen Ersten Weltkriegs und der bis 1923 andauernden Inflation in Deutschland würden gerade im Bildungssektor von Seiten der Regierung Sparmaßnahmen vorgenommen. Ein großes Problem diesbezüglich ergebe sich aus der Tatsache, dass seit Kriegsbeginn keine neuen Materialien für die Schulen angeschafft werden konnten und die alten Lehrmittel mit den Jahren ausgesondert würden. Vor allem zeige sich dies in den Volks- und Landschulen, die selten genügend Lehrmittel für einen adäquaten (Anschauungs-)Unterricht hätten. Ähnliche Beobachtungen finden sich in Schropp´s Lehrmittel-Wegweiser von 1928, in deren Vorwort der Direktor des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, Paul Ladewig, auf einen Mangel an Lehrmitteln hinweist, zu denen auch Schulwandbilder zählten.