Umgang der Migrationsanderen mit rassistischen Zugehörigkeitsordnungen - Strategien, Wirkungsweisen und Implikationen für die Bildungsarbeit

von: Mishela Ivanova

Verlag Julius Klinkhardt, 2017

ISBN: 9783781555952 , 292 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 0,00 EUR

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Umgang der Migrationsanderen mit rassistischen Zugehörigkeitsordnungen - Strategien, Wirkungsweisen und Implikationen für die Bildungsarbeit


 

2 Einleitung und Überblick über den Aufbau der Arbeit (S. 11)

Die erhöhte Zuwendung zu den Realitäten des Bildungswesens, die seit der empirischen Wende die Bildungs- und Erziehungswissenschaften prägt, fördert laut Fend (2008) in zweifacher Weise eine erweiterte Sichtweise auf die Institution Schule: Einerseits ist die „Gesamtheit schulischer Kontexterfahrungen“ (S.19), welche die Persönlichkeit der Kinder prägen, zu beachten, andererseits soll die Sicht auf die strukturelle Einbettung und den Funktionalismus von Schule breiter gelegt werden. Aus sozialisationstheoretischer Sicht ist der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung in seinen realen Erscheinungen und unter den Bedingungen konkreterer Lebensbedingungen zu untersuchen. Mit Blick auf ihren Struktur-Funktionalismus darf Schule nicht mehr als ausschließliche Stätte der Wissensund Kulturvermittlung gesehen werden, sondern in ihrer Wechselwirkung mit anderen Sozialwelten und wichtigen gesellschaftlichen Subsystemen, wie Wirtschaft, Sozialstruktur, Politik (ebd., vgl. auch Roth4 1958, 1966).

In diesem Kontext rücken im Rahmen der Bildungs- und Erziehungswissenschaften Dimensionen, welche die soziale Ordnung bestimmen, wie ‚Rasse‘, Klasse, Geschlecht usw., zunehmend in den Blick (vgl. etwa Ecarius 2006, Radtke 2008). Die Notwendigkeit einer bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit sozialen Strukturen, gesellschaftlichen Differenzkategorien und Zugehörigkeitsordnungen gründet einerseits darin, dass diese Dimensionen prägend für die Bildungsbiographien sind (subjektive Lernerfahrungen unterliegen milieu-, gemeinschafts- und gesellschaftsbedingten Kräften), und ergibt sich andererseits aus der Erkenntnis, dass das Bildungswesen eine besondere Rolle bei der Reproduktion sozialer Ordnungen spielt (Bildung und Erziehung sind soziale Phänomene, welche milieu-, gemeinschafts- und gesellschaftsbildende Kräfte entfalten). Zumal die Pädagogik nicht nur eine reflektierende, sondern auch eine handlungsanweisende Disziplin ist, stellen sich die Fragen nach den Zusammenhängen zwischen Bildungsbiographien, sozialen Strukturen und Sozialwelten nicht nur auf einer analytischen Ebene, sondern auch auf der Ebene des pädagogischen Handelns. Im Hinblick darauf, wie Bedingungen für eine gute Bildung für alle geschaffen und der schulischen Reproduktion sozialer Ungleichheit entgegengewirkt werden kann, werden (auch) in Österreich seit Jahren Fragen der Chancengleichheit diskutiert (vgl. Bauer 2009). Entlang verschiedener Lösungsvorschläge wie ‚Sprachklassen‘, ‚Gesamtschulen‘, ‚Ganztagsschulen‘ u.a. oder im Hinblick auf Reformierung des gesamten Bildungswesens scheint jedoch zurzeit keine politische Einigung in Sicht zu sein.