Bewältigung sprachlicher Herausforderungen am Ende der Grundschulzeit - Selbstwirksamkeitserwartungen in Bezug auf die Sprachhandlungskompetenz

von: Melanie Radhoff

Verlag Julius Klinkhardt, 2017

ISBN: 9783781556058 , 258 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 32,90 EUR

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Bewältigung sprachlicher Herausforderungen am Ende der Grundschulzeit - Selbstwirksamkeitserwartungen in Bezug auf die Sprachhandlungskompetenz


 

Exkurs (S. 17)

Ein Exkurs zu Beginn: Kompetenzbegriff

Es mag ungewöhnlich erscheinen, mit einem Exkurs zu beginnen, doch soll an dieser Stelle einleitend eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Kompetenzbegriff vorgenommen werden, weil dieser sowohl für den theoretischen als auch den empirischen Zugang des vorliegenden Beitrags ein zentrales Moment darstellt. Auf Kompetenzen wird in zahlreichen und längst nicht mehr überschaubaren Publikationen rekurriert und es kann beinahe ein inflationärer Gebrauch unterstellt werden (vgl. Nieke, 2002). Auch in dieser Arbeit wird an vielen Stellen mit dieser Begrifflichkeit operiert, sodass zunächst einmal aus der Perspektive verschiedener Disziplinen die jeweiligen Konnotationen des Kompetenzbegriffs gefasst werden, um schließlich Stellung zu seinem Gebrauch zu beziehen. Damit soll zum einen eine unreflektierte Rezeption vermieden, zum anderen der Kompetenzbegriff in seiner Relevanz für den gegenwärtigen erziehungswissenschaftlichen Diskurs geschärft werden.

In etymologischer Hinsicht meint Kompetenz „Sachverstand“, „Zuständigkeit“ oder auch „Fähigkeit“ (Hof, 2002a, S. 85) und hat zudem eine juristische Bedeutungsebene, nach der „derjenige [kompetent ist], der zuständig und befugt ist, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben“ (Hof, 2002b, S. 156). Neben diesen grundlegenden Zugängen der Begriffsbestimmung lassen sich für diese Arbeit drei relevante Theoriestränge voneinander unterscheiden, die den Kompetenzbegriff in der Vergangenheit geprägt haben beziehungsweise ihn auch heute noch prägen. Von Bedeutung sind die linguistische, die erziehungswissenschaftliche und die psychologische Konnotation. Im Anschluss an die Darstellungen wird ein kritisches Resümee gezogen.

Die linguistische Konnotation des Kompetenzbegriffs

In den linguistischen Diskurs wurde der Begriff Kompetenz erstmals durch Chomsky (vgl. 1969) anhand der dichotomen Klassifizierung von Kompetenz und Performanz eingeführt. Der Kompetenzbegriff ist dabei ein technischer Terminus, der das kognitive System eines Menschen umschreibt, in dem die generative Grammatik angesiedelt ist, ein Regelsystem, das das Bilden von grammatisch richtigen Sätzen ermöglicht (vgl. Klieme & Hartig, 2007, S. 15). Die grammatischen Strukturen, über die ein idealer Sprecher verfügt, müssen jedoch nicht bewusst sein, da es lediglich darum geht, „das zu spezifizieren, was der Sprecher wirklich kennt, und nicht das, was er über seine Kenntnis berichten kann“ (Chomsky, 1969, S. 20). Da in der Theorie des idealisierten Sprecher- Hörers allen am Sprechakt Beteiligten eine gemeinsame kognitive Basis unterstellt wird, ist lediglich die von personalen und situativen Faktoren beeinflusste Performanz unterschiedlich ausgeprägt. Da diese in Chomskys Theorie jedoch kaum Relevanz besitzt, ist auch die Messung individueller Kompetenzausprägungen nicht von Interesse (vgl. Klieme & Hartig, 2007). Entscheidend ist, dass lediglich die Performanz und nicht die Kompetenz beobachtbar und registrierbar ist (vgl. Gnahs, 2007) und die Kompetenz daher aus den Performanzakten geschlossen werden muss, ein Zugang zur Kompetenz also nur über Performanz erfolgen kann (vgl. Eichler, 1979).