Lernhabitus und Weiterbildung - Determinanten des Weiterbildungsverhaltens von Lehrerinnen und Lehrern

von: Frank Bernhard Behr

Verlag Julius Klinkhardt, 2017

ISBN: 9783781555938 , 306 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 33,90 EUR

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Lernhabitus und Weiterbildung - Determinanten des Weiterbildungsverhaltens von Lehrerinnen und Lehrern


 

2 Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen (S. 19-20)

Obwohl Lernen und Bildung (berufstätiger) Erwachsener zentrale Forschungsfelder der Wissenschaft sdisziplin Erwachsenen- und Weiterbildung sind (Arnold, Faulstich, Mader, Nuissl & Schlutz, 2000), widmet sich dieser Bereich nur äußerst selten der Erforschung der Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräft en an allgemeinbildenden Schulen wird hauptsächlich von der Schulpädagogik und den verschiedenen Fachdidaktiken untersucht, häufi g im Rahmen der Professionalisierungsforschung. Von verschiedenen Seiten wird aber noch immer ein generelles Defi zit an empirischer Forschung zur Lehrerbildung reklamiert (vgl. u. a. Blömeke, 2014; Lipowsky, 2014; Rauin, 2014; Terhart, 2003). Da die Erwachsenenbildung und Weiterbildung als Wissenschaft und Praxis des Lernens von Erwachsenen verstanden wird (Fuhr, 2001; Kade, 2011; Iller, 2009), sind deren Th eorien und Forschungsbefunde auch für die Untersuchung des Weiterbildungsverhaltens von Lehrpersonen von besonderer Relevanz. Die vorliegende Arbeit zum Lernhabitus und Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen liegt demzufolge im Schnittpunkt der beiden erziehungswissenschaft lichen Subdisziplinen Erwachsenen bzw. Weiterbildung und Schulpädagogik. Insofern wird für die Darstellung des aktuellen Forschungsstands zur berufl ichen Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern auf Th eorien und Befunde sowohl aus dem Bereich der Erwachsenenund Weiterbildungsforschung als auch aus der Schulpädagogik bzw. Lehrerbildungsforschung zurückgegriffen.

Zunächst wird der Begriff der Weiterbildung diff erenziert und präzisiert (Kapitel 2.1), wobei vorrangig der Bereich der berufl ichen Weiterbildung fokussiert wird. Hinweise zur Weiterbildungsbeteiligung bzw. zur Quantifi zierung des Weiterbildungsverhalten runden diese Ausführungen ab. Danach werden in Kapitel 2.2 bildungspolitische Empfehlungen und Direktiven für die Weiterbildung im Lehrerberuf erläutert. Kapitel 2.3 beschreibt Charakteristika der formalen und informellen Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Hieran werden in Kapitel 2.4 Befunde empirischer Studien zur Weiterbildungsbeteiligung berichtet. Diese Darstellung erfolgt getrennt nach den beiden Gegenstandsbereichen: zuerst die Studienergebnisse der Weiterbildungsforschung, dann die Ergebnisse der Lehrerbildungsforschung zur formalen sowie informellen Weiterbildung. Anschließend werden empirische Befunde zu Hinderungs- bzw. Nicht-Teilnahmegründen vorgestellt (Kapitel 2.5). Da die Unterschiede in der Partizipation an Weiterbildung auf unterschiedliche Faktoren zugeführt werden können, wird in Kapitel 2.6 der Einfluss wichtiger Determinanten der Weiterbildungsbeteiligung auf Basis empirischer Studien kompakt erörtert. Eine Zusammenfassung, in der Konsequenzen für die Studie zum Lernhabitus und Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen abgeleitet werden, schließt dieses Kapitel ab (Kapitel 2.7).

2.1 Begriffliche Differenzierung der beruflichen Weiterbildung

Im Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung wird immer wieder auf die generellen Schwierigkeiten bei der Begriff sbestimmung hingewiesen (z. B. Kuper, 2008). Erschwert wird dies auch dadurch, weil die Verfasstheit der Weiterbildung in Deutschland durch Unübersichtlichkeit, Vielfalt und Intransparenz gekennzeichnet ist (Baethge, Buss & Lanfer, 2003, S. 87; Dräger, 2001, S. 350). Je nach Kontext, Perspektive und Aufgabenverständnis lassen sich zahlreiche und jeweils partiell variierende Definitionen des Weiterbildungsbegriffs finden, jedoch keine generell akzeptierte Begriff sbestimmung. Unterschiede zeigen sich vor allem mit Blick in die Einführungsliteratur (u. a. Faulstich & Zeuner, 2008; Forneck & Wrana, 2005; Kade, Nittel & Seitter, 2007; Nuissl, 2000; Weisser, 2002; Wittpoth, 2006) oder in empirische Studien (z. B. Barz & Tippelt, 2004; Bilger et al., 2013; Bremer, 2007a; Schmidt, 2009). Die klassische Definition des Deutschen Bildungsrates im Strukturplan für das Bildungswesen von 1970 gilt als die bekannteste, meistzitierteste und lange Zeit als tragfähigste. In diesem von bildungspolitischen Überlegungen geprägten Gutachten wird Weiterbildung

als Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase bestimmt. … Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet.(S. 197)

Diese Explikation begrenzte Weiterbildung damals explizit auf formal-organisierte Weiterbildungsangebote für Erwachsene, die vornehmlich in Bildungseinrichtungen stattfinden. Hier findet Lernen in institutionell verorteten Bildungsveranstaltungen statt und führt zur Zertifizierung (Zeugnisse, Diplome, u. Ä.). Die Lernaktivitäten verlaufen größtenteils fremdgesteuert, denn das dort tätige professionelle pädagogische Personal organisiert, steuert, bewertet und zertifiziert die Lernprozesse der Lernenden. Einhergehend mit der „Ausweitung der Lernformen“ (Hof, 2009, S. 68) hin zum Lernen an unterschiedlichen Lernorten kam es seitdem zu einer zunehmenden Bedeutung und Berücksichtigung des informellen und selbst gesteuerten Lernens. Lernen in der Praxis der beruflichen Weiterbildung ist gegenwärtig gekennzeichnet durch eine „Differenzierung, Pluralisierung und Entgrenzung von Lernorten“ (Dehnbostel, 2011, S. 53; auch Hof, 2009; Kade & Nittel, 2002, S. 202).